Es geht nicht nur um Flieger, die von der Landebahn abkommen, wenn sie schon aufgesetzt haben, dafür war Sao Paulo ein Beispiel. Es geht um Unglücke, die sich um Start- und Landebahn ereignen können.
Vielleicht möchtest Du Dir die Mühe machen, das folgende zu lesen.
Flughafenplaner skizziert Katastrophenszenario
"Abstürze keineswegs auf den Bereich der geplanten Nordwest-Landebahn beschränkt"
Fraport wiegelt ab: Hat nichts mit der Realität zu tun
Würde ein Flugzeug im Landeanflug auf Rhein-Main abstürzen, bliebe die Katastrophe nicht auf das Flughafenareal begrenzt.
Die Auswertung von 112 Flugzeugunfällen und deren fiktive Übertragung auf Frankfurt zeigt: Das Terminal 1 wäre ebenso betroffen wie das Chemiewerk Ticona, das Autobahndreieck Mönchhof oder Wohnhäuser in Kelsterbach.
Von Wolfgang Schubert
Ein Einschlag hätte unweit des Flughafenfernbahnhofs und des geplanten Airrail-Centers gelegen. Eine Unglücksmaschine wäre in den B-Finger von Terminal 1 gestürzt. Die Autobahnbrücke der A 3 über den Main wäre getroffen worden. Fünf Maschinen wären auf dem Gelände des Chhemiewerks Ticona in Kelsterbach zerborsten.
Das zeigen zwei Karten vom Offenbacher Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa, die die Ausbaugegner des Deutschen Fluglärmdiensts aus Mörfelden-Walldorf anlässlich der Notlandung
eines Jets in München vor wenigen Tagen an die Presse verschickt haben. Die Grunddaten, versichert Faulenbach, "stammen aus den Unterlagen, die Fraport selbst für das Planfeststellungsverfahren zum geplanten Bau der Nordwest-Landebahn eingereicht hat".
Im Gutachten mit der internen Bezeichnung G 16.1 hat die Berliner Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GfL) Flugzeugabstürze in den vergangenen zehn Jahren an solchen Airports untersucht, die aufgrund ihrer topografischen Lage, der Ausstattung, der Zahl der Flugbewegungen
sowie der Flugzeuarten - große, kleine, alte, moderne - mit Frankfurt vergleichbar seien. Insgesamt identifizierten die Gutachter weltweit 49 mit "FRA" vergleichbare Flughäfen.
Die Experten der GfL ermittelten den jeweiligen Absturzort zur Lage der Bahn - wie weit entfernt, wie weit rechts und links der Piste - und übertrugen die Daten auf eine 2800 Meter lange Landebahn, wie
sie im Wald von Kelsterbach entstehen soll. Der Darstellung war allerdings kein Stadtplan hinterlegt. Das machte der Offenbacher Flughafenplaner Faulenbach da Costa. Entsprechend den Fraport-Planungen für die Nordwestpiste hinterlegte der gelernte Architekt die GfL-Grafik mit Luftaufnahmen der Region rings um den Flughafen. Getrennt nach Landeanflügen aus Westen (von Mainz kommend) und Osten (über Offenbach einschwebend) dokumentierte Faulenbach da Costa, wo sich die Unfälle ereignet hätten, wären die Flugzeuge nicht auf den betrachteten 49 Flughäfen weltweit, sondern in Frankfurt im Anflug auf die geplante Landebahn im Nordwesten des bestehenden Flughafengeländes abgestürzt.
Die Darstellungen zeigen, sagt Faulenbach da Costa, "dass, anders als von Fraport gerne dargestellt, die Abstürze keineswegs auf den Bereich der Bahn und die direkte Umgebung beschränkt sind, sondern immer wieder seitliche Ablagen vorkommen, die ganz erheblich sein können". So wären theoretisch auch Flugzeugabstürze mitten im Wohngebiet von Kelsterbach oder auf die Tanklager des Flughafens möglich.
Für Horst Amann, den verantwortlichen Flughafenplaner bei Fraport, ist das Absturz-Szenario dennoch "völlig unspektakulär". Wie der Diplom-Ingenieur meint, zeigten die Karten nämlich "lediglich eine fiktive Situation und haben nichts mit der Realität zu tun". "Hier werden nur Punkte angegeben, die aufzeigen, wo der Absturz bei einer fiktiven Landebahn gewesen wäre." Amann sieht sogar die Einschätzung von Fraport "bestätigt", dass sich die "meisten Abstürze entlang
der Grundlinie der Landebahn und nur ganz wenige außerhalb der Grundlinie" ereignen würden. Über das Absturzrisiko selbst sage die Karte nichts aus. Das bewertet Fraport aufgrund britischer und niederländischer Expertisen als sehr gering - sogar für den Bereich von Ticona. Während Fraport höchstens mit einem Absturz in 100 000 Jahren rechnet
und dieses Risiko als akzeptabel einstuft, hatte der Rheinisch-Westfälische TÜV (RW-TÜV) in Essen die Absturzwahrscheinlichkeit in einem Gutachten aus dem Jahre 2003 mit einem Crash in rund 600 Jahren berechnet.
Für die Ausbaugegner beim Deutschen Fluglärmdienst und dessen Vorsitzenden Sascha Friebe hat insbesondere die glimpflich verlaufene Notlandung einer Passagiermaschine am Montag in München
gezeigt, "dass mit einem solchen Unglück jederzeit und an jedem Flughafen der Welt zu rechnen ist". Schließlich gehöre die zweistrahlige Fokker 70 zu Austrian Airlines und damit zu einer renommierten
Fluggesellschaft und sei zudem mit modernsten Landehilfen ausgerüstet. Dennoch habe auch dies "den Absturz nicht verhindern können".
Der Jet war nach einem Triebwerksausfall vier Kilometer vor der Landebahn auf einem weitgehend hindernisfreien Gelände notgelandet. Glücklicherweise wurden von den 32 Insassen nur acht leicht
verletzt. Nach Angaben Friebes hätte der gleiche Unfall beim Anflug auf die geplante Nordwestbahn in Frankfurt "sowohl für die Passagiere als auch für Betroffene am Boden katastrophale Auswirkungen
gehabt". Friebe hat die Unfalldaten übertragen: Beim Anflug aus Osten wäre das Flugzeug in den im Bau befindlichen Bürokomplex am Steigenberger Airport-Hotel gestürzt, beim Anflug aus Westen wäre
das Gewerbegebiet von Flörsheim betroffen gewesen.
Kastentext:
Absturzrisiko
Das Absturzrisiko über der geplanten Nordwest-Landebahn ist eines der zentralen Themen in der Diskussion um den Flughafenausbau. Durch die Unfälle der vergangenen Tage – Absturz einer Urlauber-Maschine in Ägypten und die Notlandung eines Jets auf einem Acker bei München –
hat die Debatte eine unverhoffte Aktualität erhalten.
Im Fokus der Betrachtungen steht das Kelsterbacher Chemiewerk Ticona. Das Werksgelände würde unmittelbar unter der Anflugschneise liegen. Die Absturzwahrscheinlichkeit ist in mehreren Expertisen untersucht worden.
Die Ergebnisse weichen stark voneinander ab.
Ein "Obergutachten", das das hessische Wirtschaftsministerium an den TÜV Pfalz in Kaiserslautern vergeben hat, liegt dem Ministerium inzwischen in abschließender Form vor, ist allerdings noch nicht
veröffentlicht. Voraussichtlich am 15. Januar sollen die Fraktionen des hessischen Landtags das Gutachten erhalten. Es wird auch Grundlage für das mit Spannung erwartete Votum der Störfallkommission sein.
Dokument Info:
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 08.01.2004 um 00:01:00 Uhr
Erscheinungsdatum 08.01.2004
Ausgabe: S
Seite: 35
Originalartikel
Hier noch ein Link zum Thema Sao Paulo
Landung Achillesverse / Sao Paulo
Du machst es Dir ein bisschen einfach, noki