Hallo,
Vorab sage ich schon mal „sorry“, denn mein Beitrag wird ein wenig lang werden.
Es wird im Moment sehr viel und intensiv über den Sinn und Zweck dieser Befragung diskutiert und auch über die Tatsache, dass man eine gewisse Quantität an Mut benötigt, um einen solchen Thread zu eröffnen. Einige User haben erklärt, dass es ihnen leichter fällt, sich in Foren zu äußern, weil man in Foren häufiger als im realen Leben „Rückendeckung“ bekommt.
Ich bin ja recht jung hier im Forum, erst seit Mai 2007, habe aber schon über 500 Beiträge geschrieben und wie ich diese Beiträge selbst einschätze, stets in aller Sachlichkeit und mit aller Höflichkeit. Die jetzt hier im Thread so häufig positiv erwähnte Rückendeckung habe ich selbst nur äußerst selten gefunden. Das kann unterschiedliche Gründe haben – von Thema verfehlt bis konträrer Meinung über Fehleinschätzung des eigenen Stils ist da alles möglich.
Und genau hier möchte ich mal ansetzen, mit einer gewissen Quantität an Mut, weil ich sicherlich mal wieder mit einer konträren Meinung auftrete.
Wenn man sich das bisherige Ergebnis der Umfrage genauer ansieht, fällt folgendes auf:
Im Bereich A haben insgesamt 108 User und im Bereich B 102 User abgestimmt – also ein ziemlich lineares Zahlenverhältnis. Hier endet aber die Übereinstimmung, denn wenn man sich jetzt die Einzelergebnisse genauer ansieht, fällt folgendes auf:
Der A-Bereich beinhaltet die Eigenbewertung. Hier haben sich zum Beispiel 82 User mit A1 bewertet, nämlich – ich bin auch hier, wie ich im realen Leben bin.
Der B-Bereich beinhaltet die Bewertung der fremden User. Eigenartigerweise haben hier die A-Leute nur 26 User als B1 = sie sind hier wie im realen Leben und 35 User mit B2 = sie sind hier anders als im realen Leben.
Da aber in den 82 A1-Usern ja auch ein enorm großer Teil der B1 und B2 User von insgesamt 61 Usern sein müssen, sieht man klar und deutlich, dass hier eine große Diskrepanz besteht.
Wo kommt diese Diskrepanz her ?
Da gibt es zwei Möglichkeiten:
1.) Die User, die sich selbst bei A1 eingestuft haben, schätzen sich selbst falsch ein bzw. irren sich, wenn sie glauben, dass sie sich hier genauso geben, wie im realen Leben.
2.) Die von den A-Usern bewerteten (anderen A-User) werden als B-User falsch eingeschätzt.
Mit anderen Worten, ein A-User sieht sich selbst anders, als ihn die übrigen A-User sehen und deshalb im B-Bereich anders einstufen.
Nur 10 A-User erkennen, dass sie die übrigen A-User nicht richtig beurteilen können und bringen sie deshalb in B5 unter. Der Rest wird entweder als Spinner (B4=11 A-User) oder es wird sogar vermutet, dass sich hinter einem A-User irgendjemand „anderes“ verbergen könnte (B3= 20 A-User).
Eine Gruppe habe ich noch nicht erwähnt, nämlich die Gruppe A2 = 20 User, die im Forum zwar nichts vortäuschen, aber zugeben, dass sie sich hier anders verhalten als im realen Leben.
Ich glaube, dass diese Gruppe A2 die Gruppe ist, die sich selbst am sachlichsten, wenn nicht sogar am ehrlichsten sieht und bewertet haben.
Warum glaube ich das:
Wir sprechen hier in der Regel eigentlich nicht von zwei Situationen, sondern in der Regel von drei. Das Privatleben, das Berufsleben und unser Auftreten in Foren. Ich habe Zweifel, dass die meisten Leute sich sowohl im Berufs- als auch im Privatleben gleich verhalten (können) – von wenigen Ausnahmen abgesehen. Die Lockerheit, mit der ich im Privatleben auftreten und reden kann, wird mir wahrscheinlich im Berufsleben nicht oder nur selten zur Verfügung stehen. Im Berufsleben hat man entweder mit Kunden, mit Vorgesetzen oder mit Untergebenen zu tun. Allein schon aus diesen Gründen verhalte ich mich anders, als ich mich im Privatleben gegenüber meiner Familie oder meinen Bekannten verhalte.
Und sicherlich verhalten sich viele User in Foren anders, als sie sich am Arbeitsplatz oder im Kreise der Familie verhalten.
Wenn ich für mich versuche, mein Verhalten in Foren mit einem Verhalten im privaten oder beruflichen Bereich zu vergleichen, dann komme ich im Forum meinem Verhalten im beruflichen Bereich noch am nächsten heran, weil ich mich in beiden Bereichen sehr sachlich und emotionslos verhalte.
Nach dem bisherigen Ergebnis der Umfrage ist für mich eigentlich klar, dass eine solche Umfrage, die ohne Zweifel sehr interessant ist, aufzeigt, dass viele Leute entweder die Fragen nicht richtig verstanden haben (Zitat: ich würde gern noch mal wählen), oder sich selbst völlig anders einschätzen, als sie von anderen Usern eingeschätzt werden.
Denn es ist ein klarer Trend zu erkennen:
1.) A = Ich bin hier so, wie ich auch im realen Leben bin,
2.) B = Die anderen (also die anderen A-User) verhalten sich anders als im realen Leben
Dann stellt sich aber auch die Frage über die Aussagekraft einer solchen Umfrage, wenn sie von gegenseitiger Fehleinschätzung oder von Eigenfehleinschätzung geprägt ist. Und - werde ich mich dann anders verhalten, wenn ich nach der Umfrage weiß, dass ich von anderen Usern –nach meiner Meinung- völlig falsch eingeschätzt werde ?
Gruß, Hardy