In Felsen gemeißelt: Rochemenier, Frankreichs mittelalterliches Wunderwerk

Wer bei einem Urlaub in Frankreich abseits der bekannten Pfade wandeln möchte, findet im Département Maine-et-Loire ein sehr außergewöhnliches Ziel: Das troglodytische Dorf Rochemenier verzaubert mit seinen in den Fels gemeißelten Räumen und erzählt von einem Alltag, der unter der Erde stattfand. Diese Besonderheit in der Region Pays de la Loire gehört zu den besterhaltenen Beispielen für eine Lebensweise, die in Europa recht einzigartig ist.

Der Begriff troglodytisch stammt aus dem Griechischen und beschreibt Menschen, die in Höhlen oder unterirdischen Behausungen leben. Im Arrondissement Saumur entstand seit dem Mittelalter eine bemerkenswerte Kultur. Die BewohnerInnen gruben sich buchstäblich in die Erde, um dort Wohnräume, Ställe und Werkstätten anzulegen. Während andernorts im Loiretal Höhlendörfer meist in Felswände gehauen wurden, unterscheidet sich Rochemenier durch seine Bauweise: Hier entstanden die Wohnräume mitten im weichen Kalkstein des Bodens.

Die Grundlage für diese einzigartige Siedlungsform bietet der Boden mit idealen Voraussetzungen für den Höhlenbau. Die Bauern hoben Höfe aus, rundherum mit unterirdischen Arbeitsstätten sowie Behausungen für Mensch und Tier. Das Dorf tauchte erstmals bereits im 13. Jahrhundert in historischen Dokumenten unter dem Namen Rupes Mainerii auf, wobei "Rupes" so viel wie Höhle oder Grotte bedeutet haben soll.

Die heute sichtbaren Strukturen stammen wohl größtenteils aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Insgesamt umfasst das Höhlendorf laut offizieller Angaben 250 unterirdische Räume, verteilt auf etwa einen Hektar und rund 40 ehemalige Bauernhöfe unter der Erde.

Ein Besuch des troglodytischen Dorfes lohnt sich. Mit dem Musée Troglo de Rochemenier erwartet Dich ein faszinierender Blick auf eine längst vergangene Zeit in 20 originalgetreu eingerichteten Räumen. Im Sommer ist es hier angenehm kühl, in kälteren Monaten doch eher frostig. Die Temperaturen sollen zwischen etwa 5 Grad und 18 Grad Celsius schwanken. Besucht werden kann aber leider nur ein kleiner Teil des Dorfes, der erstmals im Jahr 1967 zur Besichtigung freigegeben wurde – zwei Höfe, die allerdings mit authentischen Werkzeugen, Möbeln, Alltagsgegenständen und Fotografien ein lebendiges Bild vom bäuerlichen Leben unter Tage vermitteln.

In gut belüfteten Scheunen wurde einst Futter für die Tiere gelagert, das nicht verderben durfte, in einem der Ställe kamen wenige Kühe und Ziegen unter, in einem anderen Pferde. Derweil lagerte in eigenen Weinkellern schmackhafter Rebensaft, ein Gemeinschaftsraum ermöglichte ein geselliges Beisammensein – auch im Winter. Bei 30 anwesenden Personen stieg die Temperatur hier auf etwa 13 bis 14 Grad Celsius, was als gemütlich angesehen wurde.

Eines der Highlights ist die unterirdische Kapelle. Nachdem die Dorfkirche vermutlich im 16. Jahrhundert in Brand gesteckt wurde, entstand die Kapelle unter der Erde. Bereits der Raum selbst ist kreuzförmig angelegt. Die Erkundung des Museums dauert je nach Interesse ein bis zwei Stunden. Neben den beiden rekonstruierten Bauernhöfen mit Wohn- und Nebengebäuden entdeckst Du auch modernisierte Wohnungen aus dem 20. Jahrhundert.

In der näheren Umgebung warten auch weitere troglodytische Stätten, die zu den Sehenswürdigkeiten von Pays de la Loire gehören, auf neugierige BesucherInnen. Le Mystère des Faluns in Doué-la-Fontaine veranschaulicht auf ebenfalls faszinierende Weise Geschichte mit eindrucksvollem Licht- und Soundspiel. Unweit davon befindet sich außerdem der Bioparc de Doué la Fontaine, der eigenen Angaben zufolge einzige troglodytische Zoo der Welt. In den Steinbruch-Anlagen tummeln sich Giraffen, Leoparden, Löwen und viele weitere Tierarten.

Rochemenier liegt nur etwa 25 Kilometer vom charmanten Städtchen Saumur entfernt und fügt sich ideal in eine Rundreise durch das Loiretal ein. WeinliebhaberInnen wissen, dass sie rund um Saumur und in der gesamten Region erstklassige Tropfen finden können. Auf einer Fläche von tausenden Hektar gedeihen hier Reben für eine ganze Reihe an ausgezeichneten Weinen. Beispielsweise die historischen Weinkeller der Maison Ackerman, gegründet 1811, laden zur Verkostung in atmosphärischer Umgebung ein.

Für AktivurlauberInnen bietet der Radwanderweg "Loire à Vélo" eine wunderbare Möglichkeit, die Region zu erkunden. Er gehört zu den schönsten des Landes und weite Teile der Strecke verlaufen direkt am Ufer der Loire.

Für die Reiseplanung ist es besonders wichtig, dass ein Besuch im Musée Troglo de Rochemenier nicht das ganze Jahr über möglich ist. Das Museum bleibt in den Wintermonaten Dezember und Januar geschlossen.

Nach aktuellem Plan öffnet es wieder Anfang Februar 2026 und bleibt bis voraussichtlich Mitte November 2026 an fast allen Tagen geöffnet – Ausnahmen sind Montage zu Beginn und gegen Ende des Jahres. Der Eintritt kostet 8,50 Euro für Personen ab 15 Jahren sowie sechs Euro für Kinder zwischen sechs und 14 Jahren. Es gibt auch eine Familienkarte für 26 Euro, mit der zwei Erwachsene und zwei Kinder Zutritt erhalten. (Angaben nach Stand Dezember 2025)

Die Anreise erfolgt am einfachsten mit dem Auto. Von Saumur aus erreichst Du Rochemenier in etwa 25 Minuten. Vor Ort empfiehlt sich gerade in kälteren Monaten ein Pullover oder eine Jacke, denn in den Höhlen ist es wie erwähnt deutlich kühler als draußen. Die meisten Bereiche sind für Kinderwagen zugänglich. Für kulinarische Pausen gibt es ein Café, das Getränke und kleinere Speisen anbietet.

Rochemenier und weitere Stätten in der Nähe vereinen Geschichte, Architektur und ein Naturerlebnis der besonderen Art. Ob als Tagesausflug von Saumur aus, als Zwischenstation im Frankreichurlaub oder als eines der Ziel für ein verlängertes Wochenende im Loiretal: Das troglodytische Dorf bietet einen faszinierenden Einblick in eine Lebensweise, die über Jahrhunderte den Alltag dieser Region geprägt hat. Die Mischung aus Museum und authentischem Ort macht den Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle, die das Mittelalter Frankreichs einmal anders entdecken möchten.