- Preis-Leistungs-VerhältnisSehr gut
Das Hotel ist ein wirklich liebevoll dekoriertes Riad in einer kleinen Seitenstraße nahe dem Bab Doukala. Das französische Inhaberpaar hat sehr stilsicher aus dem fast verfallenen Haus ein zauberhaftes Domizil in der Medina gemacht. Vom ersten Moment an fühlte man sich dort zu Hause und geboren. Wir hatten nach einem frustrierenden Frankreichaufenthalt, wo wir fast nie ins Netzt gekommen sind und uns damit den halben Urlaub verdorben haben, sowohl das Notebook als auch das Smartphone zu Hause gelassen. Ein Fehler! Denn der WiFi Empfang war wohl sehr gut im Hause und in der Innenstadt von Marrakesch gibt es sogar einen Cyber-Park, wo man Zugang zu kostenfreiem WiFi hat. Überhaupt sollte man sich angesichts der Medina nicht täuschen: Marokko ist auch ein sehr modernes Land, es gibt sozusagen zwei Marrakeschs, das alte in der Medina und das neue, moderne Drumherum. In jedem Dorf im Atlas Gebirge gab es Strom, Wasser, Telefonempfang und Satellitenschüsseln. Alle Marokkaner, die wir getroffen haben, war sehr freundlich und ausgesprochen sympathisch. Vorsicht nur in den Souks: Die Händler sind Meister darin, die Preisklasse des Touristen einzuschätzen. Geht man als älteres Ehepaar dorthin, kostet z.B. die Teekanne (vor dem Verhandeln) 2000 Dirham. Geht man als ältere Frau alleine, liegt der Einstiegspreis bei 1000 Dirham. Ist das Paar jünger, fangen die Händler bei 500 Dirham an. Die alte Regel, dass man mindestens 65 % verhandeln sollte, gilt unserer Erfahrung nach nicht. Wir haben die überteuerten Preise dennoch gern bezahlt, weil die Jungs uns mit ihrem Verhandlungsgeschick wirklich beeindruckt haben.
Alle Zimmer sind peinlich sauber, eine sehr nette, schweigsame Marokkanerin war von morgens bis abends am Putzen. Wir hatten die Suite Sultane - das wohl größte Zimmer im Haus, was sich bei einem zehntätigen Urlaub auch anbietet. Das Bett war ordentlich, d.h. nicht durchgelegen, nicht zu weich etc. Wer Minibar, TV und das Übliche erwartet, wird enttäuscht. Die Zimmer sind hinreißend dekoriert, wohl das Faible vom französischen Besitzerpaar Serge und Armelle. Es gab eigentlich nur zwei Kritikpunkte, die allerdings bei einem längeren Aufenthalt störend wirken: Die hübsche, alte WC-Tür schloss nicht, weil sie nicht in den Rahmen passte. Da Bad und WC nur durch einen Vorhang vom Zimmer abgetrennt sind, kommt der Partner in den "Genuss" aller Geräusche und Gerüche, die man gemeinhin auf einer Toilette erzeugt, insbesondere, wenn man sich gerade eine Magen-Darm-Infektion reingezogen hat. Das WC war so schmal, dass man kaum darin sitzen konnte, die übliche Haltung, wenn man einen Brechreiz verspürt, war einfach nicht einnehmbar - vor Schreck hatte sich der Brechreiz verzogen. Das hinreißend ganz in Gold dekorierte Bad wäre noch hinreißender gewesen, wenn es irgendwo eine Möglichkeit gegeben hätte, ein Licht zum Schminken oder Rasieren anzumachen. In Zeiten der Sparbirnen leider eine übliche Hotelsünde. Wie in allen Riads, gehen die Zimmer zum Innenhof, d. h. was auch immer sich im Inneren des Hauses abspielt - man ist unweigerlich Zeuge jeder Unterhaltung. Da das Riad sowas wie die Heimat des Reisenden in Marrakesch ist, spielt sich natürlich eine Menge im Hof ab, also Frühstück, Abendessen, Geplauder zwischen den Gästen, Unterhaltungsmusik, Telefonate des Personals etc. Solange man touristisch unterwegs ist, kein Problem. Will man allerdings seine müden Knochen vom anstrengenden Flug, noch anstrengenderen Besichtigungstouren oder aber vom Grippe-Fieber ein wenig ausruhen, so ist das bei der Beschallung im Haus kaum möglich. Eine sechsköpfige, gackernde und giggelnde Gruppe, die einen Mädelsausflug nach Marrakesch unternimmt, kann dann schon Mordgelüste wecken.
Marokkanisches Essen muss man mögen. Wer nicht gern süß ist, hat schlechte Karten. Wir waren zum Opferfest in Marokko, so dass an den ersten Tagen im Riad nicht gekocht wurde. Dafür organisierten Samir und Serge ein Abendessen "ganz in der Nähe". Man wurde abgeholt von einem weiß gekleideten Kapuzenmann in weißen Babuschen, der uns durch dunkle Gassen, vorbei an ausgebrannten Häusern, dealenden Jugendlichen, Lämmer transportierende Eselskarren, schreienden Frauen, diskutierenden Männern, an besetzten Zahnarztstühlen, Fußball spielenden Kindern und halb verhungerten Katzen in die Nacht führte. Nach einer halben Stunde waren wir nicht nur außer Atem, sondern hatten das Gefühl, in die Tiefen unserer eigenen, dunklen Träume abgetaucht zu sein. Die Atmosphäre dieses ersten abendlichen Spazierganges werden wir wohl unser ganzes Leben lang nicht vergessen, sie wird uns vielleicht in irgendwelchen Fieberträumen begegnen. Und dann öffnete sich das Restaurant: orientalische Pracht, Wohlgerüche, Reichtum. Wir haben dreimal solche nächtlichen Ausflüge in empfohlene Restaurants unternommen, zweimal sind wir sogar allein zurück gelaufen. Dann haben wir es vorgezogen, abends lieber im Haus zu bleiben. Denn Samir kocht wirklich nicht nur genauso gut, wie wir es in den schönen Restaurants kennengelernt haben, sondern fast ein wenig besser. Und er dekoriert so toll den Tisch und schafft eine so zauberhafte Atmosphäre, dass man das Essen im Riad selbst nur empfehlen kann. Wenn man denn auf Rosinen an Huhn steht.
Dass man sich im Riad Armelle zu Hause gefühlt hat, lag vor allem am Personal. Die kleine Marokkanerin (wir nannten sie die "Stumme von Portici") servierte den besten Pfefferminztee, den wir je getrunken haben, immer lächelnd auf der Terrasse (spektakulär hier: der Sonnenuntergang!) Samir, der Koch, servierte das (leider immer gleiche, sehr süße) Frühstück und kochte auf Bestellung zum Abendessen. Danach deckte er liebevoll den Tisch im Hof, mit Rosenblättern und viel Tüll, setzte den Hof unter Kerzenlicht und ließ dazu wundervoll schwere marokkanische Musik erklingen. Neben dem Besitzerpaar hat das Hotel auch einen Manager, der als einziger deutsch spricht und täglich nach dem Rechten sieht und dem Besitzerpaar und dem Personal hilfreich zur Seite steht. Ohne diesen wäre man, würde man kein Französisch sprechen, in diesem Hotel komplett aufgeschmissen, denn alle anderen sprechen weder englisch noch deutsch. Dafür sind aber alle, ob Besitzer oder Personal bemüht, alle Wünsche des Gastes zu erfüllen. Man fühlte sich wirklich liebevoll umsorgt.
Wenn man das erste Mal nach Marokko bzw. nach Marrakesch kommt, ist ersteinmal ein kleiner Kulturschock angesagt. Das Wichtigste an einem Riad in der Medina ist nämlich seine Lage. Es sollte entweder in der Nähe eines der Tore (Bab) oder in der Nähe der großen Querstraße liegen, die von Taxis befahren werden kann. Wer also zum Riad Armelle will, muss das Taxi/den Wagen am Bab Doukala verlassen. Und dann heißt es mitten hinein in das Leben in der Medina. Inklusive Rollköfferchen, das kaum eine Chance hat auf dem hubbeligen Boden. Es geht vorbei an toten Tieren, blutigen Fellen, Feuern auf der Erde unter windschiefen Bastdächern, laut knatternden Vespas und Bergen von Pfefferminze auf Eselskarren. Nein, das ist keine folkloristische Inszenierung à la Disney, das ist echt. Nach ca. 500 Metern geht eine kleine Seitenstraße ab, die zum Riad führt. Vor der Eingangstür lungern Tag und Nacht ein paar finster aussehende Jugendliche herum, die verdächtig an Rauschgiftdealer in Deutschland erinnern. Die Lage ist nicht nur beim Ankommen wichtig: Wer stundenlang in den Souks eingekauft oder die Sehenswürdigkeiten zu Fuß erobert hat, wer abends irgendwo nett essen war, will danach so schnell wie möglich "nach Hause". Je näher also ein Taxistand, desto weniger Blasen und - nachts: desto weniger Angst.
Beliebte Aktivitäten
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Hier gibt es fünf Sterne, nicht für den Pool, der ist mehr eine größere Badewanne oder für die sportliche Betätigung, wenn man versucht, etwas Schweres die Treppe hinauf zu tragen (die Stufen sind etwa 80 cm pro Stück hoch!). Hier gibt es fünf Sterne für den zweitätigen Ausflug, den Serge und der Manager für uns organisiert haben. Wir sind mit einem Führer in einem SUV ins Atlasgebirge gefahren. Zuerst in die Kasbah von Telouet, dann nach Ait Benhaddou, wo wir übernachtet haben und dann nach Quarzazate, wo wir uns auf die Spuren von Sönke Wortmann gesetzt wurden. Diese Tage sind für uns unvergesslich, das Atlas Gebirge mit seinen Lehmdörfern, der Sonnenuntergang über dem Unesco Weltkulturerbe in Ait Benhaddou - das war einfach Sonderklasse. Ebenso wie unser Fahrer Mohammed, der ein wirklich verdammt guter und sicherer Fahrer war, was angesichts der tiefen Schluchten auch von Nöten war. Diesen Ausflug können wir nur empfehlen! Das war einfach grandios.
Infos zur Reise | |
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Verreist als: | Paar |
Dauer: | 1 Woche im November 2011 |
Reisegrund: | Stadt |
Infos zum Bewerter | |
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Vorname: | Monika |
Alter: | 56-60 |
Bewertungen: | 7 |