Stadtaffe - Chic Hostel VIE

Eine Rezension für die älteren Semester unter den Reisenden: Das Scheitern am Codeschloss des Eingangs am Freitag nachmittag, die Frage nach meinem digitalen Personalweis, das Scannen meines altmodischen Ausweises, mehrere neuen Codes für Eingangs- und Zimmertür sowie die Selbstverständlichkeit, mit der ein asiatischer Mitreisender ohne Zögern sämtliche angeforderten Informationen per Mobiltelefon zur Verfügung gestellt hatte, hatten bewirkt, dass sich mein zunächst zwischen Befremden und Sorge liegendes Gefühl, in etwa zehn Minuten in Entsetzen gewandelt hatte. Nach zwölf Stunden und dem Abstand zwischen Wien und Linz lässt die bleierne Schwärze nach. Es hat etwa einen Tag gedauert, bis mir das Bedrohliche des Blicks aufgefallen war (vielleicht wirkt es beim ersten Sehen auf Sie weniger auffällig). Der Blick des Stadtaffen fügt sich in meinen Gesamteindruck ein, zu dem auch die zahlreichen Botschaften zählen, die überall im Hof, an den Türen, in den Zimmern, Duschen und Toiletten, zusammen mit dieser Zeichnung, angebracht sind, beispielsweise "Hilf mir, den Planeten zu schützen, indem du beim Duschen Wasser sparst.", "Nimm kein anderes, als das dir zugewiesene Bett.", "Lass die Ameisen draußen, in dem du nur im Gemeinschaftsraum isst.", "Kennzeichne dein Essen mit deinem Abreisedatum, damit wir die Küche sauber halten können.", "Hier kein Ausgang!" oder am Eingang: "Gib' den vierstelligen Code ein, den du per E-Mail erhalten hast." Die Anordnungen sind mehrheitlich für einen Menschen mit normaler Erziehung selbstverständlich, also nicht erforderlich, verursachen aber durch ihre Allgegenwart und die grimmige Fresse unter dem bunten Hut ein Gefühl von Druck und Unbehagen. Der Inhaber scheint seine Gäste eher als Herde abgestumpfter Tiere zu betrachten, die mit spürbarer Grobheit auf Kurs gehalten werden muss, nicht aber als vorwiegende junge Erwachsene in einem vielleicht wichtigen Abschnitt ihrer Lebensreise (die lautstarke Unterhaltung gegen Mitternacht während meiner ersten Übernachtung deutet indessen an, dass sich manche Gäste durch die ihnen gewordene Behandlung erst zum Herdenverhalten verleiten lassen). Wie auch andernorts scheint sich das der Neuen Normalität nach der Großen Seuche zugeneigte Unternehmen gegenüber seinen Kunden einen erzieherischen Auftrag zuzuschreiben, der gegenwärtig kontaktlos durch die beschriebenen Anordnungen ausgeübt wird. Der aufmerksame Gast wird nach ein bis zwei Tagen wohl unweigerlich das Gefühl entwickeln, keinen Schritt in Haus und Hof tun zu können, der dem wachsamen Blick des einäugigen Stadtaffen entgeht. "Es war eines jener Bilder, deren Blick einem überall hin zu folgen schienen. 'Der [Stadtaffe] sieht dich!', verkündete die Unterzeile." (nach Orwells "1984") Ich erinnere mich noch, wie mich am zweiten Morgen das Grauen gepackt hatte und mir klar wurde, dass ich in ernsthafte seelische Schwierigkeiten gerate, wenn ich nicht zügig aufbreche. Hoffentlich muss ich das nicht nochmals erleben.

Im Hostel nicht vorhanden, was man der Einrichtung aber nicht vorwerfen sollte. Die Frage passt nicht zum Typ des Quartiers.

Beliebte Aktivitäten

• Sonstiges

Wie Gastronomie.