- Preis-Leistungs-VerhältnisGut
Die „Bleiche“ ist kein Hotel aus einem Guss, das nach einem „5-Sterne-Plan“ errichtet wurde. Baulich ist sie ein Konglomerat aus unterschiedlichsten Gebäudeteilen: Neben malerisch wirkenden historischen Spreewaldholzbauten wie dem „Kahnschuppen“ stehen Bauteile, denen die DDR-Ferienheim-Architektur trotz aller Überformung zumindest von außen noch immer anzumerken ist. Ergänzt wird das Ensemble dann durch diverse Zu- und Anbauten aus der Nachwendezeit. Nicht jeder Winkel zeigt gleiche Qualität. Uns gefällt aber, dass man die Geschichte des Hauses nicht verleugnet hat. Bei aller Unterschiedlichkeit der Gebäude prägt doch ein gemeinsamer Stil die Einrichtung, den man als typischen „Bleiche-Stil“ – wie wir – genießen oder auch seltsam finden kann. So werden ihn wohl diejenigen einschätzen, die von einem 5-Sterne-Hotel die Zurschaustellung teurer Materialien, glitzernde Marmorflächen und gestylte Perfektion bis in den letzten Winkel erwarten. Der „Bleiche“ gelingt es mit viel altem Holz, warmen Stoffen, opulenten Polster- und Kissenlandschaften und mit Versatzstücken, die ihr Alter nicht verleugnen, eine ungewöhnlich wohnliche, ja oft betörende Atmosphäre zu schaffen. Wir sind bei jedem Besuch immer wieder neugierig, welche simplen Gebrauchsgegenstände mit oft schrundigen, verbeulten Oberflächen diesmal neu dazu beitragen, im Haus oder im Garten eine Atmosphäre zu schaffen, in der man sich einfach wohlfühlt. Solche Gegenstände wackeln auch mal oder wirken rostig. Gut so! Tragen doch gerade sie hier zur besonders eleganten oder festlichen, beruhigenden oder aufheiternden Stimmung der unverwechselbaren Räume bei. 5 Sterne also von uns für das Gesamtkonzept. Wer meint, den Materialwert der Einrichtungsgegenstände zusammenrechnen zu müssen, wird sicher zu anderen Resultaten kommen. Wer wird sich wohlfühlen in diesem Hotel? Sicher derjenige, der mehr Wert auf ein ästhetisch durchgeformtes Ambiente und wohltuende Rückzugsmöglichkeiten legt als auf Spaß und eine Vielzahl materiell aufwendiger Ausstattungsmerkmale. So beurteilen auch die einschlägigen Guides das Haus unterschiedlich. Die meisten siedeln es in der Spitzengruppe an, der „Feinschmecker“ nicht. Er bemängelt u. a., dass keine Badeschlappen auf den Zimmern zur Verfügung stehen. Damit hat er bei einem 5-Sterne-Haus sicher formal Recht. Inzwischen gibt es auch die verlangten Badeschlappen – die wir allerdings gar nicht vermisst hatten, da sich nun mal die üblichen Hotel-Stoffschlappen nicht gerade für Therme und Garten eignen.... Bei anderen Themen dürfte sich das Haus ruhig großzügiger zeigen. Wir zahlen gern mit der EC-Karte, verstehen es aber auch, wenn Gäste darüber erstaunt sind, dass Kreditkarten hier tabu sind! Lässt man Streitereien über solche Details hinter sich, zeigen Auslastung und Nachahmer wie erfolgreich die „Bleiche“ ist. Inzwischen zitieren andere Hotels auffällig oft Versatzstücke aus der „Bleiche“, nicht nur den berühmten Kamin am Pool. Das ist auch der Presse nicht entgangen. Trotzdem muss das Hotel aufpassen, dass die wirtschaftliche Kalkulation nicht die Eigenart des Hauses gefährdet. Die wohltuende Intimität, die wir immer dort gefunden haben, lässt sich bei weiterer Expansion sicher nicht auf Dauer bewahren. Tagungen, Familienfeiern, Aufenthaltsgutscheine für Autohauskunden gehören dazu, dürfen in einem Haus mit dieser Philosophie aber auch in Zukunft nur Nebensache bleiben. Die neuen literarischen Aktivitäten sind sicher ein richtiger Schritt, Gäste an das Haus zu binden, die die besonderen Qualitäten der „Bleiche“ zu schätzen wissen. Wir glauben, dass es sich lohnt, diese „besonderen Qualitäten“ kennenzulernen. Und wenn wir plötzlich in anderen Hotels guten alten Einrichtungsdetails aus der „Bleiche“ begegnen, dann freuen wir uns natürlich, spüren aber auch, dass wir das Original vermissen!
Hier fällt die Punktevergabe am schwersten: Wir haben mit einer Ausnahme immer das kleine „Storchennest“ gebucht und waren zufrieden. Wohl auch deshalb, weil unser „Wohnzimmer“ eher die „Landtherme“ war und wir deshalb das kleine Zimmerchen eben nicht als Wohnungsersatz betrachtet haben. Spätestens bei einem längeren Aufenthalt wird man die Enge aber spüren. Besonders die Nasszellen können winzig sein – hier passt dann auch dieser Begriff! Bei den Zimmern machen sich wohl die alten baulichen Vorgaben bemerkbar. Vermutlich lassen sich die Ferienheim-Wände eben nicht verschieben. Außerdem wirken die verschiedenen Teilbauten unterschiedlich renoviert, in einigen Räumen entdeckt man noch Handwerksleistungen aus der unmittelbaren Nachwendezeit... Wir können ohnehin nicht meckern, denn einige Male haben wir dankbar ein Upgrade erhalten und deshalb andere Zimmerkategorien kennengelernt, deren Großzügigkeit natürlich dem „Bleiche-Stil“ wesentlich bessere Entfaltungsmöglichkeiten bot. Hier haben wir auch die Bäder genossen! Unsere Punktevergabe ist folgerichtig eine Mischkalkulation. Die besten Zimmer, erst recht die Suiten verdienen die Höchstpunktzahl! Ganz unabhängig von der Kategorie durften wir uns bei der Ankunft aber immer über eine Aufmerksamkeit (z. B. einen Früchteteller) freuen. Ein Tipp für diejenigen, denen die „Landtherme“ das Wichtigste ist und die sich mit einem „Storchennest“ bescheiden: Im „Weberhaus“ ist man am nächsten dran und man schläft ruhig!
Folgen wir dem Tagesablauf: Wir haben beim Frühstücksbuffet nichts vermisst und freuten uns über kleine Extras wie die Wahlmöglichkeit zwischen „normaler“ und gesalzener Butter sowie die vielen regionaltypischen frischen Spezialitäten. Zu Auswahl und Qualität beim Mittagessen können wir keinen Kommentar abgeben, da wir (von Ausflügen abgesehen) den Wellnessbereich, also die „Landtherme“ dazu nicht verlassen mochten... Dort bietet das Wellness-Bistro ein kleines Kuchen- und Snack-Angebot. Ein angenehmer Platz zum Verweilen, bei dem aber die Auswahl noch steigerungsfähig ist. An Tagen mit hoher Auslastung dürfte der Service gern noch aufgestockt werden. Abends wird es für Neulinge unter den Halbpensionsgästen kompliziert: In welchem Teilrestaurant soll man Platz nehmen, welches Menü soll man wählen? Am ersten Abend erfährt man seinen Platz von der freundlichen Zuweiserin vor dem Eingang. Kommt man mit ihr ins Gespräch, lassen sich für die folgenden Abende durchaus Wünsche realisieren. Das ist schon deshalb nicht unwichtig, weil die einzelnen Räume ein jeweils sehr unterschiedliches Ambiente bieten. (Unser Favorit ist das „Grüne Gewölbe“.) Die am (natürlich immer privaten) Tisch bereits ausliegende, mit dem Gastnamen bedruckte (!) Menükarte wirkt zunächst etwas verwirrend. „Bleiche-Menü“, „Spreewald-Menü“, „Vitalmenü“, kostenpflichtige Zusatzangebote: Muss man sich zwischen den kompletten jeweils 4- oder 5-gängigen Menüs entscheiden? In der Praxis stellt sich rasch heraus, dass man beliebig aus den Menüs heraus wählen kann, so dass immer mindestens 3 Alternativen pro Gang und zusätzlich Angebote mit Aufpreis zur Verfügung stehen. Den Abschluss könnte ein Gang zum opulenten Käsebuffet bilden, der zum Glück nicht etwa (wie es ein Bewerter schrieb) zusätzlich abgerechnet wird! Und die Qualität? Natürlich kommt sie nicht an das hervorragende A-la-carte-Restaurant des Hauses, das „17fuffzig“ heran. Bei jedem Aufenthalt nehmen wir uns vor, dort wieder zu essen, wenn die Abendkarte bei der Halbpension mal nicht attraktiv genug sein sollte. Mit schöner Regelmäßigkeit verzichten wir darauf. Da entgeht uns etwas, aber es zeigt doch auch, dass wir mit Auswahl und Qualität zufrieden sind. Die vielen frischen Produkte aus der Spreewaldregion sind sicher nicht der einzige Grund dafür! Auch die Bar können wir empfehlen: Der Barkeeper versteht sein Handwerk und das Ambiente – hier herrschen vorrangig rote, goldene und schwarze Töne – schafft den Rest...
Auch hier ein Lob, aber eines mit Einschränkungen: Bemühen und Freundlichkeit haben wir in der „Bleiche“ in allen Bereichen erfahren. Was Kompetenz und Schnelligkeit betrifft, sind in den Halbpensionsrestaurants aber einige Abstriche zu machen. Es gibt offenbar einen kompetenten Stamm von Mitarbeitern, die man bei jedem Besuch wiedertrifft und die für den reibungslosen Gesamtablauf sorgen. Ebenso offensichtlich scheint aber die Fluktuation bei den übrigen Restaurantkräften groß zu sein. Einige von ihnen wirken im Umgang mit dem Gast noch hektisch-unbeholfen und „unbedarft“. Wenige lassen ihn sogar spüren – meist durchaus freundlich und ohne Hinterabsicht -, dass ihnen die seltsamen Gerichte auf den Tellern und die Suche nach dem passenden Wein nicht nur neu, sondern auch ziemlich fremdartig vorkommen... Uns gefällt diese Geradlinigkeit sicher besser als manche steif-snobistische Oberkellnerattitüde. Aber Natürlichkeit, Freundlichkeit und Kompetenz müssen sich ja nicht ausschließen! Diese Kombination haben wir z. B. bei den vorzüglich geschulten Kräften schätzen gelernt, denen man sich bei den Anwendungen im Wellnessbereich mit Freude anvertrauen kann!
Nein, spektakulär ist die Umgebung wirklich nicht: kein See, keine Berge und auch die schönsten Partien des Spreewaldes sind noch ein paar Kilometer weit weg. Auf dem riesigen Hotelgrundstück Wiesen, 2 oder 3 Häuser im alten DDR-Grauputz nahebei. Daneben einige renovierte Einfamilienhäuser, einige Spreewaldholzhäuschen und Felder. Wahrhaftig nichts Aufregendes! Aber die Hauptspree ist nur einen kurzen Spaziergang entfernt und an der hoteleigenen Anlegestelle dümpeln schon die Kähne. Man sitzt einfach herrlich im Biergarten am Fließ und genießt eben, dass jede Aufregung fehlt. Und wer sich im hauseigenen Kahn am Morgen oder Abend in die Kernzonen des Spreewaldes staken lässt, der kann die Stille noch „hören“; der weiß es zu schätzen, dass er nicht wie von Lübbenau aus im feucht-fröhlichen Konvoi unterwegs ist.
Beliebte Aktivitäten
- Wellness
- Sport
Über diese Rubrik könnten wir hinweggehen, denn hier sind wir keine kompetenten Beurteiler. Wir wissen, dass es einen Fitnessbereich gibt und dass es bestimmt kein Zufall ist, dass gerne Bundesligamannschaften bei Spielen in Cottbus hier ihr Quartier aufschlagen. Wenn „Sport“ aber auch Wellness bedeutet, dann gibt es hier genug über die „Landtherme“ zu berichten. Das Wichtigste vorweg: Wenn man einmal drin ist, möchte man nicht mehr heraus! Es gibt genügend professionelle Beurteiler, wie z. B. den Relax-Guide, die das Lob der Landtherme in höchsten Tönen gesungen haben. Dem können wir nichts hinzufügen. Aber auch hier gilt das anfangs Gesagte: Es gibt größere und nobler ausgestattete Hotel-Spas, aber für uns keine, die den Alltag auf ähnlich perfekte Weise vergessen machen. Allein die Wahl zwischen so raffiniert eingerichteten Rückzugsräumen so unterschiedlichen Charakters macht bereits Freude. Zu verbessern gibt es aber durchaus einiges – wieder nicht das Ambiente, sondern eher den Zustand mancher Anlagen: Inzwischen merkt man einigen Duschen und anderen Instrumenten schon ein gewisses Alter an... Der Gartenhauspoolbereich (nicht der große Außenpool, auch nicht der Kaminpool!) droht zu vereinsamen, wenn das Wasser so kalt wie im Februar bleibt. Auch wäre es schön, wenn es wieder mehr echte lange Saunatücher gäbe! Keine Abstriche dagegen im 1. Stock bei den Anwendungen: uneingeschränkt empfehlenswert!
Infos zur Reise | |
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Verreist als: | Paar |
Dauer: | 3-5 Tage im Februar 2009 |
Reisegrund: | Wandern und Wellness |
Infos zum Bewerter | |
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Vorname: | Manfred |
Alter: | 56-60 |
Bewertungen: | 1 |