Hotel Sonne

Wir haben lange überlegt, ob es angesichts des wirklich sehr guten Standards nicht zu hart ist, das Hotel nicht weiter zu empfehlen, haben uns dann aber doch so entschieden. Zum einen ist eine Bewertung immer subjektiv, zum anderen gibt es im Leben k.o.-Kriterien. Fakt ist, dass wir das Hotel niemandem in unserem Freundeskreis guten Gewissens weiter empfehlen würden und selbst dort keinen Urlaub mehr machen werden, solange sich das Konzept des Hauses nicht ändert. Das Motto des Hotels ist offensichtlich: „Wir sind die Sonne-Röt-Familie“. Und dieses zelebriert man. Das Haus verfügt über eine beträchtliche Anzahl Stammgäste, die seit Jahren und teils mehrmals im Jahr dort ihren Urlaub verbringen. Alle diese Gäste sind in der überwiegenden Mehrzahl im Rentenalter, und genau auf deren Gewohnheiten ist das Hotel ausgerichtet. Dies beginnt bereits bei den vorgegebenen Uhrzeiten zur Nutzung der jeweiligen Einrichtungen/Leistungen, die den Tagesablauf einschränken. So steht der wirklich sehr schöne und für dieses Hotel erstaunlich moderne Sauna-Bereich lediglich von 14.30 h bis 18.30 h zur Verfügung. Von 18.30 h bis 20.00 h ist dann bereits Abendessen vorgesehen, was die Küche bei einem 5-Gänge-Menu aber gar nicht einhalten kann. An einem regnerischen Tag am späten Vormittag die Sauna aufsuchen oder abends nach 18.30 h im Pool noch eine Runde schwimmen: Fehlanzeige! Bezogen auf das Zelebrieren des „Familienlebens“ hatten wir ein Erlebnis der besonderen Art. Es befand sich ein Ehepaar unter den Gästen, das seine Diamantene Hochzeit feierte - ein Ereignis, das es sicher wert ist, erwähnt zu werden und das Paar hochleben zu lassen. Die Seniorchefin des Hauses (wird nächstes Jahr 80) ging aber so weit, den kompletten Essensablauf für rund 15 min. zu unterbrechen, die übrigen Gäste aufzufordern doch bitte aufzustehen, selbst eine Ansprache zu halten und dann die Gäste-Schar als Chor einzusetzen und zwei Kirchenlieder(!) singen zu lassen. Das kann man sicher bei jedem privaten Familienfest so handhaben, geht in einem Hotelbetrieb aber gar nicht! An diesem Abend war der Hauptgang noch nicht serviert, als ein Akkordeon-Spieler seine Arbeit aufnahm und die Gäste mit bayerischer Volksmusik beschallte. Auch das geht während des Essens gar nicht. Nach dem Essen ja oder in einem separaten Raum für alle diejenigen, die so etwas mögen. Als Hotelgast, der Halbpension gebucht hat, hat man sonst keine Chance, sich dem zu entziehen, wenn man in Ruhe zu Abend essen möchte. Man stelle sich vor, man wäre während des Essens lauter Rockmusik ausgesetzt. Will auch niemand haben. Es scheint ferner zu den Gepflogenheiten zu gehören, dass Hotelgäste an einem Klavier im Speisesaal ihre Musikkünste darbieten können. Kann man machen, so lange dies dezent geschieht, was leider nicht bei jedem „Künstler“ der Fall war. Es passt in das etwas angestaubte und altbackene Image des Hauses, dass keine Kreditkarten akzeptiert werden und man darum bittet, seine Getränkerechnung jeden Abend zu zahlen anstatt wie sonst allgemein üblich aufs Zimmer schreiben zu lassen. Das Personal des Hauses ist stets sehr freundlich und teils schon von fast erdrückender Herzlichkeit. Das Abendessen war immer einwandfrei. Hier gab es nichts zu beanstanden. Lediglich beim Frühstücksbuffet wäre etwas mehr Auswahl und Abwechslung vor allem bei Wurst und Käse wünschenswert. Wir ziehen folgendes Fazit: Wer schon etwas älter ist oder sich so fühlt, gerne eine Zweit- oder Ersatzfamilie hätte und Gepflogenheiten, die vor rund 30 Jahren üblich waren, gut findet, und nichts gegen etwas lautere Musik während des Abendessens hat, der kann sich in diesem Hotel durchaus wohl fühlen. Wer aber bereits eine Familie hat und keine weitere sucht, im 21. Jahrhundert lebt und entsprechende Erwartungen hat, darüber hinaus einfach nur in Ruhe Urlaub machen möchte, der sollte dies lieber in einem anderen Hotel tun. Werden wir in Zukunft auch machen.

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