Die MenorcinerInnen lieben ihre Heimat – und zogen intakte Natur immer dem Massentourismus vor. Fast die Hälfte der Baleareninsel steht seit Langem unter Naturschutz, mit Hotelkomplexen verbaute Küsten gibt es hier kaum. Beim Wandern erlebt man deshalb eine noch immer wunderbar ursprüngliche Landschaft. Trotzdem ist Menorca als Wandergebiet für viele UrlauberInnen bis heute weitgehend Neuland.
Pinienwälder, Buchten und versteckte Traumstrände, riesige Höhlen und Überreste einer prähistorischen Kultur: All das kann man hier beim Wandern entdecken. Die Insel ist nicht nur grün und waldreich, sondern auch ziemlich bergig. Obwohl die höchste Erhebung (der in der Inselmitte aufragende Monte Toro) gerade mal 357 Meter misst, geht es doch reichlich rauf und runter. Im Süden der Insel mit den beliebten Badestränden ziehen sich einige tiefe Schluchten durch die ansonsten meist sanft-hügelige Landschaft. Im Norden hingegen ist Menorcas Küstenlinie von schroffen, zerklüfteten Felsen geprägt – hier finden sich viele verträumte, fjordartige Buchten, Calas genannt.
Im Vergleich zu den beiden anderen großen Baleareninseln Mallorca und Ibiza ist Menorca touristisch wenig erschlossen und konnte sich bis heute viel vom ursprünglichen Charme bewahren. 1993 wurde die gesamte Insel zum UNESCO-Biosphärenreservat erklärt, nicht zuletzt deshalb hat sich ein sanfter und nachhaltiger Tourismus etabliert. Bei Wandertouren solltet Ihr unbedingt ausreichend Wasser und Proviant dabei haben, denn die zauberhafte Abgeschiedenheit hat einen Nachteil: Einkehrmöglichkeiten entlang des Weges sind eher spärlich gesät. Die beste Zeit zum Wandern auf Menorca ist von April bis Juni sowie von September bis in den November hinein.
Auf dem Cami de Cavalls kann man die Insel einmal komplett umrunden – und dabei ihrer langen Geschichte nachspüren. Den „Weg für Pferde“ gibt es schon seit mindestens 500 Jahren, einst diente er zur Verteidigung Menorcas. Rund 185 Kilometer weit folgt der Fernwanderweg mit der amtlichen Bezeichnung GR-223 der Küstenlinie. Zehn Tage solltet Ihr dafür mindestens einplanen. Offiziell ist der Cami de Cavalls in 20 Etappen unterteilt, die kürzeste misst kaum mehr als fünf, die längste etwas mehr als 13 Kilometer. Um die Insel und die verschiedenen Facetten der Landschaft kennenzulernen, reicht es aber, einige Abschnitte des geschichtsträchtigen „Pferdewegs“ zu erwandern.
10 der schönsten Etappen des Cami de Cavalls stellen wir Euch hier vor:
Der Cami de Cavalls startet und endet in der Hauptstadt Menorcas. Maó, auf kastilisch Mahon, liegt im Osten der Insel und ist uralt. Eure Wanderung beginnt am Stadthafen, der sich über eine Länge von fünfeinhalb Kilometern erstreckt. Die erste Hälfte der Wanderung führt Euch kniefreundlich über Straßen, bis Ihr den hübschen, kleinen Ort Sa Mesquida erreicht. Vorbei am gleichnamigen Strand geht es über hölzerne Pfade durch ein kleines Feuchtgebiet. Hier steht Ihr der ersten Challenge Eurer Wanderung gegenüber: einem steilen Aufstieg, der Euch mit einer tollen Aussicht auf die lange Küste Menorcas belohnt. Auf steinigen Naturpfaden wandert Ihr nun, erst an der Küste entlang, dann durchs Inland Eurem ersten Etappenziel entgegen: Es Grau.
Trivia für Pommes-Fans: Die MenorquinerInnen beanspruchen die Erfindung der Mayonnaise für sich. Die Insel wurde im Laufe der Jahrhunderte von unterschiedlichen Nationen erobert und beherrscht – so auch ab 1756 von den Franzosen. Zu Ehren der Eroberung richteten die Einwohner Mahons ein Fest aus, für das die Soße „Mahonesa“ kreiert wurde – die Mayonnaise. Ob es nun stimmt oder nicht, die EinwohnerInnen glauben daran und bieten in vielen Restaurants traditionell hausgemachte Mayonnaise an.
Strecke: 9,9 Kilometer
Schwierigkeit: leicht
Diese Etappe des Cami de Cavalls führt im Nordosten der Insel vom Strand Es Grau durch den Naturpark S’Albufera des Grau zum Leuchtturm am Cap de Favàritx. Direkt hinter dem Strand beginnt das rund 2000 Hektar große Naturschutzgebiet. Es erstreckt sich rund um eine Lagune, an die weitläufige Feuchtgebiete grenzen. Der Naturpark ist gewissermaßen das grüne Herz des UNESCO-Biosphärenreservats. Auf Holzstegen führt der Weg durch das Gebiet und man ist überrascht, auf den Balearen eine Landschaft mit solch üppiger Vegetation zu finden. Rund 100 verschiedene Vogelarten sind hier zu entdecken, darunter Kormorane und Fischadler. Die Lagune ist auch ein beliebter Rastplatz für Zugvögel.
Der Weg führt Euch an der Küste entlang, man passiert die beiden Buchten Cala de Sa Torreta und Cala Morella Nou. Langsam ändert sich das Gesicht der Landschaft, je näher man dem Cap de Favàritx kommt, desto karger wird die Vegetation. Dunkle, schiefergraue Felsen bestimmen nun das Bild. Der 28 Meter hohe Leuchtturm thront vorn am Cap, einer Landspitze aus schroffem Fels. Hier ist nach rund neun Kilometern das Etappenziel erreicht.
Strecke: 8,6 Kilometer
Schwierigkeit: Mittel
Immer wieder rauf und runter geht es auf dieser Etappe im Norden Menorcas, die über neun Kilometer von Binimel-La nach Cala Pilar führt. Der meist steinige Weg verläuft entlang der wild-romantischen Küstenlandschaft. Trittsicherheit und Kondition sind hier erforderlich, der ständige Wechsel von Auf- und Abstiegen macht sich auch bei geübten Wandernden irgendwann mit einem Ziehen in den Waden bemerkbar. Entschädigt werdet Ihr aber durch die Schönheit der Natur, so verleihen die Felsen vulkanischen Ursprungs der Landschaft eine mystische, zauberhafte Atmosphäre.
Und ein Glücks-Tränchen verdrückt Ihr spätestens, wenn Ihr an einem der Strände eine Pause einlegt. Auf der Wanderung kommt Ihr an einigen wunderschönen, in kleinen Buchten versteckten Naturstränden vorbei, etwa an der Cala Barril. Vor der Küste liegt übrigens Menorcas Meeresreservat, ein besonders geschützter Bereich.
Strecke: 8,9 Kilometer
Schwierigkeit: Hoch
Auf dieser Wanderung an der Nordseite der Insel von der Playa de Cavalleria zur Cala Pregonda bestimmen zwei Farben das Bild: das kräftige Rot der Felsen und Dünen sowie das tiefe Blau des Meeres. Die Landschaft ist geprägt vom zerklüfteten, ringsum aufragenden rötlichen Gestein, das als manchmal faustgroße Brocken auch den Weg bedeckt. Nur die Playa de Cavalleria, ein rund 500 Meter langer Strand im Halbrund der Bucht, besteht aus dunkelgoldenem Sand. Vorn am Kap, etwa vier Kilometer von der Bucht entfernt, ragt der älteste Leuchtturm der Insel auf.
Unbedingt solltet Ihr Zeit für einen kleinen Badestopp zwischendurch einplanen, denn auf die Playa de Cavalleria folgen mit der Cala Mica und der Cala Pregonda zwei weitere verlockend schöne, von kristallklarem Wasser gesäumte Naturstrände. Der Sprung in die Fluten verschafft nicht nur eine kleine Abkühlung zwischendurch, er spült auch die rötliche Staubschicht ab, die bald die Unterschenkel der Wanderenden bedeckt. Zwar schrubbelt man selbst nach einer ausgiebigen Dusche noch rote Flecken ins Handtuch, doch zur Beruhigung sei gesagt, dass dem Sand heilende Wirkung zugesprochen wird.
Strecke: 6,6 Kilometer
Schwierigkeit: Leicht
Einige Bäume sind zerrupft, andere wachsen lieber gleich schräg: Die Ost- und Westwinde gestalten die Landschaft auf dieser Strecke stetig und eindrücklich. Die Etappe beginnt hinter dem schönen Naturstrand Algaiarens im Norden Menorcas. Seit Ihr hier noch vornehmlich von Wäldern umgeben, sieht es knapp zehn Gehminuten schon ganz anders aus. Ab der Bucht Ses Fontanelles führt der Weg zuerst durch niedrige Buschgewächse und dann über Weide- und Heidelandschaften durch das Hinterland nach Cala Morell. Ab hier lohnt es sich, den Blick stets Richtung Meer zu richten. In der Bucht treffen die Gesteinsschichten Marés und Tramontana aufeinander, die, gepaart mit dem Meer, spannende Felsformationen entstehen ließen. Die bekannteste davon ist der Roca de l’Elefant. Ein Felsen, der wahrhaftig wie ein Elefant aussieht.
Spannendes Etappenfinale ist die Nekropole von Cala Morell: 14 in den nackten Felsen gehauene Grabkammern aus der Talayot Kultur (1500 - 300 v. Chr.). Die archäologische Stätte erinnert von außen an ein kleines Dorf.
Strecke: 5,4 km
Schwierigkeit: leicht
Lust, zwischen all der Natur auch ein wenig Kultur zu erleben? Dann seid Ihr auf diesem Abschnitt genau richtig. Die Etappe beginnt am Hafen Ciutadellas und endet knapp 13 Kilometer später am Cap d’Artrutx, an der südwestlichen Spitze Menorcas. Die ansonsten sehr flach verlaufende Strecke beginnt mit einem kleinen Aufstieg zum Zentrum Ciutadellas, dem Plaça des Born. Hier lohnt es sich, vom Weg abzukommen und die Altstadt zu erkunden. Ciutadella ist uralt und Heimat beeindruckender Adelspaläste und ungewöhnlicher Straßennamen wie „Que no passa“. Übersetzt: "Was nicht passiert". Zurück auf dem Cami, wandert Ihr Richtung neuen Fährhafen und folgt der Küstenlinie – das Meer sollte stets rechts von Euch sein. Ab Cala Blanca lasst Ihr den Asphalt und die Wohngebiete hinter Euch und wandelt auf steinigen Pfaden bis zum Etappenziel Cap d’Artrutx.
Noch Kraft in den Beinen? Dann besucht den Leuchtturm am Cap D'Artrutx. Der 1858 erbaute Turm an der südwestlichsten Spitze Menorcas ist ein toller Ort, um den Sonnenuntergang zu genießen. In der Hochsaison wird im Leuchtturm ein Restaurant betrieben.
Strecke: 13,2 km
Schwierigkeit: leicht
Auf dieser kurzen Etappe werden auch die schnellsten Wanderprofis zu schlendernden GenusswanderInnen. Zu schön ist der Pfad, der sich mal durch dichte Schluchtwälder und mal über weite Flächen voll Felsenrosen und Rosmarin windet. Türkisfarbene Highlights sind dabei die Strände Cala en Turqueta, Cala Macarella und Cala Galdana. Die Strände gehören zu den schönsten und beliebtesten in Menorcas Süden. Der Pfad führt Euch über Stock und über Stein – und lässt Euch auch mal im weichen, weißen Sand versinken. Festes Schuhwerk und Trittsicherheit sind unabdingbar; ein leichtes Handtuch für den gelegentlichen Sprung ins Meer empfehlenswert.
Habt Ihr Euch alle 20 Etappen des Cami de Cavalls vorgenommen, solltet Ihr genug Pausentage einplanen. Cala Galdana ist nicht nur ein strategisch kluger, sondern auch ein wunderschöner Ort dafür. Im Ort findet ihr viele gute Hotels und Restaurants und in der Umgebung zahlreiche Strände, für die viele Gäste von weit her anreisen.
Strecke: 6,4 km
Schwierigkeit: leicht
Auf der rund elf Kilometer langen Tour an der Südküste von Cala Galdana nach Sant Tomàs bekommt Ihr mit einem kleinen Abstecher noch ein spektakuläres Naturdenkmal zu Gesicht. Zudem führt die Wanderung auch zur Cala Mitjana, die vor einigen Jahren zur schönsten Bucht Menorcas gekürt wurde. Auf dieser Route erwandert man eine Landschaft mit der für Menorca typischen Geologie – die Bandbreite reicht von der Cala Mitjana bis zu den tiefen Schluchten von Algendar und Trebalúger mit ihrer üppigen Tier- und Pflanzenwelt. Die Schluchten enden in Buchten, wo plätschernde Gebirgsbäche schließlich ins Meer münden.
In der Barranc de Binigaus findet Ihr zudem drei eindrucksvolle Höhlen. Besonders imposant ist die ob ihrer kolossalen Größe auch Kathedrale genannte Cova des Coloms, die mit ihren rund 110 Metern Länge und bis zu 24 Metern Höhe frei zugänglich ist. Etwas oberhalb der Schlucht liegt mit Es Galliner de Madona auch gleich noch eine kulturelle Sehenswürdigkeit. Die prähistorische Säulenhalle wurde schätzungsweise tausend Jahre vor Christus aus massiven Felsen errichtet – sie ist eines der größten und besterhaltenen Bauwerke aus prähistorischer Zeit auf der Insel. Besuch auf Anfrage.
Strecke: 10,8 Kilometer
Schwierigkeit: Mittel
Hier an der Südküste zwischen Son Bou und Cala en Porter erlebt Ihr auf kaum acht Kilometern Menorcas ganze Schönheit. Ihr durchquert die mächtigen Schluchten von Sa Vall und Es Bec, erlebt von ursprünglicher Bäuerlichkeit geprägte Landstriche, prähistorische Kultur und den Artenreichtum der Natur. In der Prat de Son Bou, Menorcas zweitgrößtem Feuchtgebiet, tummeln sich mehrere hundert Vogelarten, vor allem Wasservögel. Die Region grenzt auch direkt an den gleichnamigen Sandstrand, der zu den beliebtesten der Ferieninsel zählt. Auch an den steilen Felswänden der Schluchten ist mehr Leben, als man meinen würde – Vögel bauen sich dort im Schutz von Felsvorsprüngen ihre Nester.
Ein kurzer, lohnenswerter Abstecher führt zudem zum talayotischen Dorf Torre d’en Galmés. Die Talayot-Siedlungen sind Zeugnisse einer prähistorischen Kultur, die zwischen dem 13. und 2. Jahrhundert v. Chr. auf den Balearen bestand. Namensgebend sind die steinernen, runden Turmbauten, die sogenannten Talayots, die auf Menorca (und auch Mallorca) oft zu finden sind – auch rund um die Hauptstadt Maó könnt Ihr viele dieser archäologischen Fundstätten entdecken.
Strecke: 8 Kilometer
Schwierigkeit: Mittel
Zuerst dramatisch und steil, dann wunderbach flach: auf dieser Etappe ist für jeden Geschmack etwas dabei. Kurz nach dem Etappenstart am Strand Cala en Porter steigt Ihr auch schon in die Schlucht Cales Coves und zum Cala es Canutells hinab. Kurz darauf verlasst Ihr die eingerissene Landschaft der Südküste und betretet die ebenere Landschaft Ost-Menorcas. Schön und abwechslungsreich bleibt es auch hier. In eine Schlucht steigt ihr dann doch noch hinab. Die Barranc de Biniparratx ist aber auch die letzte der Etappe, die knappe 500 Meter später in Binissafúller endet.
Zwischen den hoch aufragenden Felsen der Schlucht Cales Coves liegen gleich zwei beliebte Badebuchten. Grund für ihre Beliebtheit ist nicht etwa eine große Liegefläche, die ist nämlich nicht der Rede wert, sondern das extrem ruhige Wasser, das an einen Swimming Pool erinnert. Badesachen nicht vergessen.
Strecke: 11,8 km
Schwierigkeit: leicht
Um auch die versteckten Winkel der Insel kennenzulernen, sind geführte Wanderungen eine gute Möglichkeit. Dazu kommt der nicht zu vernachlässigende Bequemlichkeits-Vorteil: Um den Hin- und Rücktransport zum Hotel müsst Ihr Euch nicht sorgen.
Menorca ist rund 50 Kilometer lang, gut 16 Kilometer breit und misst insgesamt 700 Quadratkilometer, damit ist es die kleinste der drei Baleareninseln. Hier leben rund 95.000 Einwohner, die Hauptstadt ist Maó. Die Flugzeit ab Frankfurt beträgt rund 2 Stunden, oft gehen Flüge aber über Mallorca.