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Matthias (41-45)
DeutschlandAus Deutschland
Verreist als Paar • Juli 2011 • 1-3 Tage • Stadt
Schönes Palais in Klein-Paris
5,5 / 6

Allgemein
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
    Gut

Es hat den Anschein: So richtig böse ist in Leipzig heute dem Spekulanten und Bankrotteur Dr. Jürgen Schneider niemand mehr. Barthels Hof, die Mädler-Passage und weitere historische Schmuckstücke – die Messestadt an der Pleisse war der Mittelpunkt von Schneiders Ost-Aktivitäten, und ohne den Vorzeigekapitalisten aus dem Westen hätten viele schöne Gebäude die Nachwendezeit vielleicht nicht überlebt. Und der Fürstenhof? Leipzigs ältestes Luxushotel, einst fürstliches Palais, Ende des 19. Jahrhunderts zum Hotel umgewandelt und bis 1945 führendes Haus der Stadt, dann zu DDR-Zeiten unter dem Namen Hotel International erfolgreicher Devisenbringer, aber langsam verfallend, 1992 Einstellung des Hotelbetriebs ... und dann kam halt besagter Dr. Schneider. Drei Jahre blieb das Haus mit der Postkutsche im Wappen geschlossen und wurde unter strengen denkmalpflegerischen Auflagen restauriert – Abriss und Neubau wären allemal preiswerter gewesen, aber da saß Dr. Schneider nebst Gemahlin schon im amerikanischen Gefängnis. Tempus fugit, wie die antike Standuhr gegenüber der Rezeption stündlich mahnt. Heute befindet sich hinter der klassizistischen Fassade des ehemaligen Loerschen Palais am Altstadtring eines der schönsten Hotels der neuen Bundesländer, ein feines kleines Grandhotel mit knapp einhundert Zimmern und Suiten, zuerst von Kempinski gemanagt (die allerdings mit ihren Ost-Häusern ja noch nie viel Glück hatten), seit 10 Jahren nun zur Luxury Collection der Starwood-Gruppe gehörend. Wenn man unter der Glaskuppel im eleganten Wintergarten sitzt oder den berühmten, in mühevoller Kleinarbeit restaurierten Serpentin-Saal besucht, damals wie heute architektonisches Glanzstück des Hauses, dann erscheint einem der größte Immobilienskandal der letzten Jahrzehnte längst vergessen; Goethes „Klein-Paris“ hat seinen Fürstenhof zurück, und wir wissen jetzt, wo wir in Leipzig fortan übernachten werden.


Zimmer
  • Gut
  • Unser Zimmer der Deluxe-Kategorie (115) befindet sich im neuen Flügel zur Evangelisch-Reformierten Kirche mit Blick auf den Innenhof, bei schönem Wetter ein Ort zum Verweilen und Genießen, wo auch vom Hotel regelmäßig Konzerte und Veranstaltungen durchgeführt werden. Zwar regnete es während unseres Aufenthaltes durchgängig und wurde den ganzen Tag nicht richtig hell, trotzdem wirkt der Raum mit einer Größe von rund 30 qm licht und luftig, was durch die großen Fenster und die hohe Decke noch verstärkt wird. Die Zimmereinrichtung selbst und mehr noch die verwendeten Materialien und Farben sind dann allerdings Geschmackssache: orangefarbene Sonnen auf weinrotem Teppich, dazu die dunkelgrünen Vorhänge, Schränke aus poliertem Myrteholz sowie die ungewöhnlichen Bezugsmaterialien Samt und Damast lassen jenes gewisse Edelfluidum vermissen, das man in den öffentlichen Bereichen findet, sollen aber wohl das gründerzeitliche Stilempfinden der Entstehungsjahre wiedergeben. Wie gesagt, Geschmackssache. Einige kleinere Mängel, die uns obendrein noch aufgefallen sind: ein Brandloch in der Gardine (Nichtraucherzimmer!), an einigen Stellen leicht angeschlagenes Mobiliar und der abgewetzte Stoff des Schreibtischstuhls sowie eine nicht vollständig aufgefüllte Minibar – mehrere gelistete Artikel, darunter der hochpreisige Champagner, fehlten. Das edle Marmorbad mit abgetrennter Toilette macht auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck; das größte Manko zeigte sich dann erst im Praxistest: die gläserne Abtrennung auf dem Badewannenrand zum Schutz vor Wasserspritzern (es gibt keine eigene Duschkabine), die sich auch mit sanfter Gewalt keinen Millimeter bewegen läßt. Konstruktionsfehler oder verkalkte Scharniere – die Badamaturen bleiben unerreichbar; um etwa Wasser in die Badewanne zu lassen, muss man erst in selbige klettern und holt sich nasse Füße, ein Umstand, der doch auch den Zimmermädchen beim täglichen Reinemachen nicht entgangen sein dürfte. Genug gemeckert! Nicht verschwiegen werden soll trotz mancher Kritik, dass wir uns in diesem Zimmer sehr wohl fühlten und außerdem selten einen so ruhigen und entspannten Schlaf genießen konnten; kein Geräusch drang durch Tür und Fenster, die Wände perfekt schallisoliert, der Schlafkomfort (Matratze, feine Bettwäsche) wirklich erstklassig. Und: das Betthupferl aus belgischer Schokolade war mit Sicherheit das köstlichste, das wir je in einem deutschen Hotel bekommen haben.


    Restaurant & Bars
  • Sehr gut
  • Wir hatten Übernachtung mit Frühstück gebucht, das in den stilvollen Räumen des Restaurants „Villers“ und – bei starkem Andrang – im benachbarten Wintergarten eingenommen wird. Das Ambiente ist einem klassizistischen Salon des 18. Jahrhunderts nachempfunden, die hohen Fenster mit Blick auf den Villers-Brunnen, wertvolles Mobiliar und feinstes Silberbesteck sorgen schon am frühen Morgen für beschwingte Laune – da bedarf es noch gar nicht mal des guten Haussekts der Luxury Collection, exklusiv für die beiden deutschen Mitglieder Fürstenhof und Hotel Elephant Weimar abgefüllt. Auch das Frühstück selbst, eine Mischung aus Büffet und à la Carte-Offerten, fällt hervoragend aus und bietet neben dem üblichen 5-Sterne-Standard noch einige Überraschungen; Kiwi-Saft kannten wir ja inzwischen schon, aber frisch gepresster Erdbeersaft? Mal was anderes. Darüber hinaus ein Service, der auch zu dieser Stunde im wahrsten Sinne hellwach war. Und was man auch nicht alle Tage erlebt: Als ich etwas hilflos nach einer Zeitung Ausschau hielt, war es ausgerechnet ein Koch, der gerade am Büffet nachlegte, der fragte, ob er helfen könne und prompt zur Rezeption lief, um mir das Gewünschte zu besorgen. Koch und Kellner? Hier anscheinend nicht. Mittelpunkt des Hauses und gleichsam genius loci ist der elegante Wintergarten, in dem sich auch die kleine Piano-Bar befindet; hier ist der Fürstenhof am fürstlichsten. Tagsüber geselliger Treffpunkt bei Kaffee und Kuchen, entfaltet der Raum seinen ganzen Zauber erst bei Kerzenschein zu fortgeschrittener Stunde, und der aufmerksame Service und die erstklassig gemixten Cocktails machen diese Bar zu einem der gastlichsten und kultiviertesten Plätze der Stadt. Noch kurz zur neuen Vinothek „1770“ (dem Gründungsjahr des Hauses) im Vestibül: moderne, in warmen Farben gehaltene Weinbar mit großem Angebot auch offener Flaschen. Über dem Eingang eine Sammlung Autogramme berühmter Gäste, an prominentester Stelle natürlich wieder einmal Udo Lindenberg. Ja, der Mann hat echt Geschmack was gute Hotels angeht.


    Service
  • Gut
  • Die überwiegend sehr jungen Mitarbeiter des Fürstenhofs – kaum einer schien über 30 – erwiesen sich während unseres gesamten Aufenthalts allesamt als freundlich, hilfsbereit und kompetent. Schade daher, dass ausgerechnet der so wichtige erste Eindruck beim Check-in zwiespältig ausfiel: Zwar wurde gefragt, ob wir Hilfe mit dem Gepäck bräuchten, eine Begleitung aufs Zimmer fand dann aber nicht statt. Dabei wäre dies nicht nur ein Zeichen der Höflichkeit und in einem Haus dieser Kategorie beim ersten Besuch durchaus als Selbstverständlichkeit zu erwarten, sondern dient darüber hinaus ja auch dazu, dem Gast das Hotel und seine Einrichtungen vorzustellen oder die Zimmereinrichtung (Safe, Minibar, Klimaanlage etc.) zu erklären. An anderer Stelle erwiesen sich dann aber gerade die Mitarbeiterinnen der Rezeption wiederum als besonders aufmerksam: Nicht nur bekamen wir umstandslos den gewünschten Late Check-out zugesagt, bei gleicher Gelegenheit wurde auch die Schlüsselkarte neu programmiert, was gerne vergessen wird; und auch die Hausdame wurde anscheinend informiert, weil eben nicht um Punkt 12 Uhr die Mitarbeiter vom Housekeeping unser Zimmer stürmten. Alles schon erlebt.


    Lage & Umgebung
  • Gut
  • Zuerst einmal: Dies ist nur eine Momentaufnahme. Sicherlich liegt der Fürstenhof sehr zentral, Hauptbahnhof und historischer Altstadtkern mit den bekannten Sehenswürdigkeiten sind in wenigen Minuten zu erreichen, direkt vor dem Hotel befindet sich eine Straßenbahnhaltestelle und es warten auch immer genügend Taxen vor dem Haupteingang. Andererseits ist der Tröndlinring eben eine sechsspurige, Tag und Nacht viel befahrene Hauptverkehrsstraße; wirklich unschön gestaltet sich derzeit aber das direkte Umfeld des Hotels, das während unseres Besuchs im Sommer 2011 überwiegend aus halb verfallenen Plattenbauten und riesigen Baustellen zu bestehen scheint, und auch das unmittelbar benachbarte Messehaus am Ring bietet mit seinen abgehängten Fassaden ein trostloses Bild. Hübscher Nebeneffekt immerhin: Direkt aus der Eingangstür tretend kann man so über die Baugruben und –ruinen der ehemaligen „Blechbüchse“ hinweg ungehindert bis zum Brühl und dem Museum der Bildenden Künste blicken ... Parkplätze? Natürlich kann man Valet Parking nutzen, wenn man denn will, unser Tipp aber: Keine 200 Meter vom Hotel entfernt, gleich gegenüber des ebenfalls zu Starwood gehörenden Westin-Hotels findet sich ein bewachter Parkplatz für nur 5 Euro pro Tag, ein echter Schnäppchenpreis.


    Aktivitäten
  • Sehr gut
  • Beliebte Aktivitäten

    • Kultur & Erlebnis
    • Ausgehen & Nightlife

    Der Schwimmbad- und Wellnessbereich „AquaMarin“ befindet sich im Untergeschoß des Neubauflügels und gleicht das fehlende Tageslicht aus durch eine phantasievolle, mediterran anmutende Bade- und Saunalandschaft, die auch tatsächlich eher ein Landschafts- denn ein Innenarchitekt entworfen haben könnte. Knorrige, efeubewachsene Baumstämme auf schroffem Felsmassiv, weiß gekalktes, an griechische Inseln erinnerndes Stufenmauerwerk, Trompe de l’oeuil-Malereien an den Wänden und ein verwinkeltes Wellnesslabyrinth mit Dampfbad, Finnischer Sauna und originellen Duschgrotten stünden auch jedem Urlaubshotel gut zu Gesicht. Dazu noch exotische Drinks an der Pool-Bar, und schon war das Leipziger Schmuddelwetter vergessen. Lediglich die angegebene Wassertemperatur von 27 Grad scheint arg übertrieben; wir empfanden das Wasser durchweg als viel zu kalt. Hier wird eindeutig gespart, leider auf Kosten des Gastes.


    Preis-Leistungs-Verhältnis: Eher gutHotel entspricht der KatalogbeschreibungHotelsterne sind berechtigt
    Mehr Bilder(18)
    Infos zur Reise
    Verreist als:Paar
    Dauer:1-3 Tage im Juli 2011
    Reisegrund:Stadt
    Infos zum Bewerter
    Vorname:Matthias
    Alter:41-45
    Bewertungen:25
    Kommentar des Hoteliers

    Lieber Matthias, ich bin begeistert über Ihr ausführliches Feedback und die tollen Kommentare zum Hotel Fürstenhof, Leipzig. Dass man Ihnen Hilfe beim Gepäck angeboten, Sie dann aber nicht nach oben begleitet hat, tut mir sehr leid. Ich habe diesen wichtigen Hinweis an unseren Empfangschef weitergegeben. Es freut mich, dass Sie sich im Hotel Fürstenhof wohl gefühlt haben und ich Sie bei der nächsten Gelegnheit wieder in Leipzig begrüßen darf. Freundliche Grüße Jörg Müller General Manager