Und jetzt: Ein Abstecher an einen Ort, an dem man mehr „Wie süüüüß!-“ und „Oh my God!“-Rufe hört als irgendwo sonst in Neuseeland – einer Aufzuchtstation für kleine Kiwis. Das ist ja der inoffizielle Wappenvogel des Landes, und die Neuseeländer lieben ihn derart, dass sie sich selbst als Kiwis bezeichnen. Weil der Vogel nachtaktiv ist, kann man ihn in freier Wildbahn eigentlich nie beobachten. Zum Glück gibt es überall im Land Aufzuchtstationen. In denen kann man Kiwis unter schwachem Rotlicht sehen. Und dann, wenn sie schlüpfen.
Kiwis sehen aus wie etwas, das Walt Disney im Laufe einer langen Nachtschicht am Zeichenbrett entworfen haben könnte. Ein plumper Rumpf, Federn wie Fell, Schnurrbarthaare wie eine Katze, winzige Stummelflügelchen und vornedran ein unmöglich langer Schnabel – als das erste Foto eines Kiwis in Europa veröffentlicht wurde, hielten die Leute die Aufnahme für eine dreiste Fälschung. Der Kiwi ist mit Strauß und Emu verwandt, unglücklicherweise aber viel, sehr viel kleiner. Das macht auch ihn zum gefundenen Fressen für Hermeline. Die Überlebenschance eines jungen Kiwi in der Natur liegen im ersten Jahr bei lediglich fünf Prozent. Erst wenn er etwa ein Kilo oder mehr wiegt, kann sich ein Kiwi mit seinen Klauen gegen Feinde zur Wehr setzen. Dann allerdings sehr erfolgreich: Ausgewachsene Exemplare gelten als äußerst rauflustig.
Und ein soeben geschlüpfter versetzt selbst hartgesottene Kerle in Verzückung, wenn sie ihn auf den Monitoren entdecken, die in den Kiwizentren verteilt sind und eine Geburt live übertragen. Es dauert nur wenige Minuten, bis der kleine Vogel die Eischale mit Hilfe seiner Krallen und Schultern zielstrebig auseinander gedrückt hat. Kurze Zeit später ist der Kiwi ohne fremde Hilfe auf den Beinen. Auch, wenn sich das Hochkommen etwas schwierig gestaltet, wenn man sich mit einem seiner Füße auf dem eigenen Schnabel steht.
Kleine Kiwis bekommen eine Mischung aus Ochsenzunge, Karotten und Hackfleisch. Sobald sie schwerer sind als ein Kilo, werden sie in die Freiheit entlassen. Und leben dort mit etwas Glück sehr lange: Achtzig Jahre kann so ein Kiwi alt werden. Wenn ihn nicht zuvor ein Auto erwischt. Oder die Katze aus Nachbars Garten.
Im Westcoast Wildlife Centre in Franz Josef an der Westküste der Südinsel kommen jedes Jahr viele kleine Kiwis zur Welt. Die Anlage ist nicht nur erfolgreich, sondern auch sehr besucherfreundlich: Wenn ein Vogel schlüpft, kann man Dank Live-Übertragung auf Monitore hautnah dabei sein.
Die kleine Stadt an der Westküste der Südinsel Neuseelands ist zugleich das Tor zum Franz Josef Gletscher. Ein weiteres Highlight ist die hier ansässige Kiwi-Aufzuchtstation.